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Israelische Studie: Genschäden nachgewiesen, Hinweise auf erhöhtes Krebsrisiko durch Mobilfunk

Wieder Schäden am Erbgut gefunden, erhöhtes Krebsrisiko

Wissenschaftler fordern Absenkung der Grenzwerte

Quelle: Pubmed, Veröffentlichung in Bioelectromagnetics 2003 Feb;24(2):82-90

Erneut hat eine Studie schädliche Wirkungen heutiger Mobilfunktechnologie nachgewiesen. Israelische Wissenschaftler der Fakultät für Humangenetik und Molekularmedizin der Universität Tel-Aviv bestrahlten menschliche Blutzellen mit elektromagnetischen Feldern (Frequenz 830 MhZ, ungepulst).

Im Ergebnis fanden die Forscher Schäden am Erbmaterial der Zellen sowie Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko.

Zusammenfassung (Abstrakt) der Studie (deutsch):

Deutsche Übersetzung: Dr. Claus Scheingraber, München

Die Exposition von menschlichen Lymphozyten aus peripherem Blut mit elektromagnetischen Feldern in Verbindung mit Mobilfunk führt zu chromosomaler Instabilität

Mashevich M, Folkman D, Kesar A, Barbul A, Korenstein R, Jerby E, Avivi L.

Fakultät für Humangenetik und Molekularmedizin der Universität Tel-Aviv

Ob die Exposition von Mobilfunkstrahlung eine Gesundheitsgefährdung darstellt, steht im Brennpunkt der laufenden Debatte. Wir haben im Labor untersucht, ob die Exposition von menschlichen peripheren Lymphozyten (= m.p.L) mit einem elektromagnetischen Feld von 830 MHz zu Verlusten oder Gewinnen von Chromosomen führt. Eine größere "körperliche Änderung" führt zu einer Instabilität des Genoms (= Gesamtheit aller Gene einer Fortpflanzungszelle) und dadurch zu Krebs.

Die menschlichen peripheren Lymphozyten wurden mit einer unterschiedlichen spezifischen Absorptionsrate (SAR) von 1,6 - 8,8 W/kg über einen Zeitraum von 72 Stunden in einer Expositionseinrichtung bestrahlt. Das dazu verwendete Belichtungssystem beruht auf einem Parallelplatten-Resonator, der in einem Temperaturbereich von 34,5-37,5 Grad C betrieben wurde. Die durchschnittliche Absorptionsrate (SAR) und ihre Verteilung in der
bestrahlten Gewebekulturflasche wurden ermittelt, indem man die Messergebnisse
kombinierte mit einer numerischen Simulation, die auf einem Finiten-Elemente-Verfahren
beruht. (dieser Absatz wurde von Dipl.-Physiker Dirk Schadach, Berlin, übersetzt).

Ein linearer Anstieg im Chromosom Nr. 17 - eine Aneuploidy - wurde als Funktion des SAR-Wertes beobachtet. Es wurde aufgezeigt, dass diese Strahlung einen gentoxischen Effekt hat. Die SAR-abhängigene Aneuploidy (=
numerische Chromosomenaberration) wurde begleitet von einer abnormalen Art der Replikation der Region um Chromosom Nr. 17, bestehend aus einer Trennung (wiederholte DNS-Ansammlungen in der Nähe des Zentromer).
Es ist naheliegend, dass Änderungen in der Neubildung durch die Gentoxizität der SAR bedingt ist.

Kontrollexperimente (d.h. Experimente ohne Strahlung) wurden in einem Temperaturbereich von 34,5 bis 38,5 Grad Celsius ausgeführt, sie zeigten, dass eine erhöhte Temperatur weder mit einer genetischen noch epigenetischen
Veränderung einhergeht, während mit RF-Strahlung erhöhte Werte an Aneuploidy und eine geänderte Replikation der zentromeren DNS-Ansammlungen beobachtet wurde.

Die Ergebnisse zeigen auf, dass die gentoxischen Effekte von elektromagnetischer Strahlung auf nichtthermische Weise hervorgerufen werden. Überdies, die Tatsache, dass Aneuploidy als ein bekanntes Phänomen
für einen Anstieg des Krebsrisikos zu betrachten ist, sollte dies bei zukünftigen Bewertungen von Grenzwerten Berücksichtigung erfahren.

Kommentar von Dr. Scheingraber, Arbeitskreis Elektrobiologie, München:

In der israelischen Studie wurde nachgewiesen:

Mobilfunkstrahlung loest bei menschlichen weissen Blutkoerperchen
Schaeden am Erbgut aus.

Dabei wird sowohl die Erbsubstanz (DNA) selbst geschaedigt, als auch die
Anzahl der Chromosomen veraendert. Diese Mutation kann zu einem hoeheren
Krebsrisiko fuehren, wie die Forscher betonen.

Vor allem wurde wieder einmal gezeigt, dass diese Zerstoerungen nicht
abhaengig von einer Temperaturerhoehung (nicht-thermisch) sind.

Die Wissenschaftler fordern als Konsequenz, dass diese Ergebnisse bei
der Festsetzung von Grenzwerten beruecksichtigt werden.

Zusammenfassung (Abstrakt) der Studie (Englisch):

Whether exposure to radiation emitted from cellular phones poses a health hazard is at the focus of current debate. We have examined whether in vitro exposure of human peripheral blood lymphocytes (PBL) to continuous 830 MHz electromagnetic fields causes losses and gains of chromosomes (aneuploidy), a major "somatic mutation" leading to genomic instability and thereby to cancer. PBL were irradiated at different average absorption rates (SAR) in the range of 1.6-8.8 W/kg for 72 hr in an exposure system based on a parallel plate resonator at temperatures ranging from 34.5-37.5 degrees C. The averaged SAR and its distribution in the exposed tissue culture flask were determined by combining measurements and numerical analysis based on a finite element simulation code. A linear increase in chromosome 17 aneuploidy was observed as a function of the SAR value, demonstrating that this radiation has a genotoxic effect. The SAR dependent aneuploidy was accompanied by an abnormal mode of replication of the chromosome 17 region engaged in segregation (repetitive DNA arrays associated with the centromere), suggesting that epigenetic alterations are involved in the SAR dependent genetic toxicity. Control experiments (i.e., without any RF radiation) carried out in the temperature range of 34.5-38.5 degrees C showed that elevated temperature is not associated with either the genetic or epigenetic alterations observed following RF radiation-the increased levels of aneuploidy and the modification in replication of the centromeric DNA arrays. These findings indicate that the genotoxic effect of the electromagnetic radiation is elicited via a non-thermal pathway. Moreover, the fact that aneuploidy is a phenomenon known to increase the risk for cancer, should be taken into consideration in future evaluation of exposure guidelines. Bioelectromagnetics 24:82-90, 2003. Copyright 2003 Wiley-Liss, Inc.

PMID: 12524674 [PubMed - in process]

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