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Fürth: Mobilfunkbetreiber verstecken ihre Antennen

Aus: Fürther Nachrichten, 27.12.2001

Kunststoffschornsteine verstecken Mobilfunkantennen
Kamin ist nur Attrappe
Denkmalschutz wahren – Bund Naturschutz will neue Prioritäten

FÜRTH – Sie sehen aus wie Schornsteine, werden aber niemals qualmen. Auf etlichen Fürther Dächern ragen plötzlich Kunststoffkamine in die Höhe, die neben den rauchenden Originalen durchaus echt wirken. Der Sinn der Sache: Die Attrappen verkleiden Mobilfunkantennen, um diese zu verbergen.

Helga Krause, zweite Vorsitzende des Bund Naturschutz (BN), traute ihren Augen nicht, als sie vor zehn Tagen durch die Mathildenstraße lief. Auf dem Dach eines Hauses installierten Arbeiter neben dem bisherigen Kamin zwei haargenau gleich aussehende Attrappen, hinter denen die bereits angebrachten Mobilfunkmasten verschwanden.

Das Haus steht unter Denkmalschutz. Und laut Unterer Denkmalschutzbehörde brauchen Eigentümer für Veränderungen am Gebäude eine offizielle Erlaubnis. Wer also seinem denkmalgeschützten Anwesen eine das Gesamtbild verschandelnde Antenne aufs Dach pfropfen möchte, muss um Genehmigung bitten. Und die wird nur erteilt, wenn der „Stein“ des Anstoßes versteckt wird. Zum Beispiel hinter einer Schornsteinattrappe.

„Ich finde es sehr ärgerlich, dass der Denkmalschutz Priorität hat und nicht die Gesundheit der Kinder“, moniert Helga Krause und verweist auf die Leopold-Ullstein-Realschule, die direkt gegenüber liegt. Solange nicht bewiesen sei, dass die Strahlung der Handymasten unschädlich ist, sollten sie ihrer Ansicht nach nicht in „sensiblen“ Bereichen aufgestellt werden, also in der Nähe von Schulen, Kliniken oder Kindergärten. „Mit den künstlichen Schornsteinen“, so findet Helga Krause, „schlagen die Mobilfunkbetreiber zwei Fliegen mit einer Klappe.“ Einerseits würden sie die Denkmalschutzauflagen wahren, andererseits aber die Anwohner in Sicherheit wiegen. Denn über Masten, die nicht sichtbar seien, rege sich niemand auf.

Helga Krause weiß, dass die Mobilfunkmasten in der Mathildenstraße noch gar nicht in Betrieb sind. Das haben eigene Messungen und Auskünfte des Ordnungsamtes ergeben. Sie weiß aber auch, dass sie irgendwann in Betrieb genommen werden sollen, genauso wie diejenigen in der Badstraße, die Arbeiter zwar kürzlich aus Denkmalschutzgründen abmontierten, demnächst aber unter Wahrung der behördlichen Auflagen wieder installieren wollen. Wahrscheinlich, so vermutet Krause, sind auch diese Sender dann verborgen.

Perfekt verbergen

„Wir verstecken Antennen – und das perfekt“ wirbt eine Spezialfirma im Internet für Antennen-Verkleidungen aller Art. Da gibt es Versteckmöglichkeiten hinter künstlichen Mauern, Holz- und Schiefernachbildungen, Kupferlamellen oder Dachverkleidungen. „So wird die Standortakquisition erleichtert und Eigentümer sind zugänglicher“, verspricht der Hersteller und verweist außerdem darauf, dass die Vorbehalte gegenüber Sendemasten minimiert werden, weil man die Funkeinrichtungen nicht sieht.

Laut Denkmalschutzbehörde existieren auf mehreren Fürther Dächern bereits solch künstliche Schornsteine und immer wieder kommen neue Genehmigungsgesuche von Mobilfunkbetreibern. Doch Helga Krause ist mulmig zumute, wenn sie von den Verstecken erfährt. „Wir wollen nicht den Mobilfunk abschaffen“, stellt die BN-Mitarbeiterin klar, „aber wir fordern, die Strahlungsleistung abzusenken und sensible Bereiche bei der Montage auszusparen.“ BIRGIT HEINRICH

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