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Hochintelligenter Mann mit schweren Hirnschäden: Durch Handynutzung?

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 06.05.2003

Eine interessante, sehr traurige Geschichte haben wir heute in der Leipziger Volkszeitung gelesen. Ein hochintelligenter Mann, offensichtlich aktiver Handynutzer, ist seit über einem Jahr spurlos verschwunden. In dem Artikel wird berichtet, dass der Mann seine Intelligenz verloren hat, immer größere Probleme mit dem Gedächtnis hatte und selbst einfache Aufgaben kaum noch lösen konnte. Aus dem Artikel geht hervor, dass der Mann aktiver Handynutzer war, was sicher nicht zur Besserung seiner Krankheit beitragen konnte. Außerdem war er Energieelektroniker und somit auch beruflich mit Sicherheit starken hoch- und niederfrequenten elektromagnetischen Feldern ausgesetzt.

Hier der Original-Artikel aus der LVZ:

Das mysteriöse Verschwinden des Familienvaters

Borna. Kein Lebenszeichen, nichts. Seit mehr als einem Jahr ist Carsten Göpner verschwunden, spurlos. Die Polizei suchte nach dem 37-jährigen Bornaer - ohne Erfolg. "Kripo live" brachte den Fall im Januar ins Fernsehen - keinerlei Hinweise. Und seine Frau sitzt zu Hause mit den beiden Kindern und fragt sich, wo ihr Mann gerade ist, ob er überhaupt noch lebt. Immer wieder schießen ihr Erinnerungen an jenen verhängnisvollen 6. Februar vor einem Jahr durch den Kopf. An diesem Tag hat sie ihren Mann zum letzten Mal gesehen.

Auf dem Küchentisch liegt eine gelbe Wachstuchdecke mit blauem Blumenmuster. Durchs Fenster scheint die Sonne auf eine Schale mit Äpfeln. In der Ecke blubbert ein Aquarium vor sich hin. Es ist eine gemütliche Wohnung in einer ruhigen Nebenstraße unweit des Bornaer Zentrums. Heike Göpner sitzt am Tisch vor einem Berg Fotos. Eine junge Familie im Urlaub, beimWochenendausflug, zu Feiern mit der Verwandtschaft. Ihr Mann mal ernst mit Schlips und Anzug, mal lachend im Turnhemd. Was sich eben so ansammelt, wenn man 17 Jahre verheiratet ist. Nachdenklich wühlt sich Heike Göpner durch die Fotos. Plötzlich hält sie inne. "Ich weiß nicht mal, wie er heute aussieht", sagt sie. Und für einen Moment verliert sie das bisschen Fassung, um dass sie die ganze Zeit ringt.

All die Kleinigkeiten der letzten Stunden zusammen mit ihrem Mann sind noch da. Dass er an diesem 6. Februar 2002 gemeinsam mit ihr morgens um fünf aufstand, was er sonst nie tat. Dass er sich Frühstück machte, es aber dann gar nicht anrührte. Eine halbe Stunde später ging Heike Göpner aus dem Haus. Sie sollte ihren Mann nicht mehr wiedersehen.

Eine heimtückische Krankheit machte aus ihm einen anderen

Die Chronologie seines Verschwindens ist bekannt: Gegen 9 Uhr trifft der gelernte Energieelektroniker bei seinem Betrieb in Knautnaundorf ein. Zwei Stunden zu spät, weshalb er eine Auseinandersetzung mit seinem Meister hat. Gegen 16 Uhr verlässt er die Firma, um zum Meisterkurs nach Leipzig zu fahren. Zweimal pro Woche lässt er sich zum Industriemeister schulen, auf eigene Kosten. Doch diesmal fehlt er - und seine Spur verliert sich für immer.

Was danach kam, versteht man wohl nur, wenn man die Krankheit genauer kennt, die aus Carsten Göpner vor etwa zehn Jahren einen anderen Menschen machte. Die Ärzte diagnostizierten bei dem hochintelligenten Mann einen heimtückischen Stoffwechseldefekt. Göpner ist es seither unmöglich, Stress abzubauen, seine Persönlichkeit ist gespalten.

Er machte auf Arbeit Fehler, wirkte häufig unkonzentriert. Immer wieder habe er kleinere Aussetzer gehabt, sagt seine Frau. "Früher konnte man ihn alles fragen, er wusste es", erinnert sich Heike Göpner. "Und auf einmal scheiterte er sogar an den Hausaufgaben unserer Tochter." Für einige Zeit wurde er in der Spezialklinik in Zschadraß behandelt. Er wollte nicht dort sein. Eines Nachts stand er zu Hause in Borna vor der Tür. "Er war von Zschadraß hierher gelaufen", schüttelt Heike Göpner den Kopf. Nicht der einzige Kraftakt des 1,86 Meter großen und kräftigen Mannes. "Er ist auch schon mal durch den Bockwitzer See geschwommen, um abzukürzen", erzählt seine Frau. Nachdem er aus der Klinik entlassen wurde, will er vor allem eines: Nie wieder dorthin zurück. "Er hatte richtig Angst davor", weiß Heike Göpner.

Ein letzter Anruf morgens 6 Uhr, dann verliert sich seine Spur

Diese Angst trieb ihn wohl auch am Tag seines Verschwindens um. Gegen 21 Uhr rief er mit dem Handy zu Hause an: Er sei in einer anderen Stadt und werde von der Polizei gesucht. Dann legte er auf. "Ich schrieb ihm die ganze Nacht SMS, doch er meldete sich einfach nicht mehr", sagt Heike Göpner. Gegen 4 Uhr piepste endlich das Handy. Eine SMS von ihrem Mann: Er sei im Zug, komme bald nach Hause. Noch einmal meldete er sich gegen 6 Uhr. Er habe bei Rückmarsdorf aussteigen müssen, da seine Fahrkarte ungültig sei. Nun wolle er sich als Anhalter durchschlagen. Es war das letzte Mal, dass Heike Göpner von ihrem Mann etwas hörte.

Alles was nun kommt, ist quälende Ungewissheit. Auch wenn Beamte vom Bundesgrenzschutz am Abend des 7. Februar den roten Citroen von Carsten Göpner auf Deck 3 des Parkhauses West am Leipziger Hauptbahnhof fanden. In den ersten zwei, drei Monaten schreckte Heike Göpner nachts bei dem kleinsten Geräusch immer wieder auf, hoffte jedes Mal, ihr Mann steht plötzlich im Zimmer. Sie hofft noch immer, doch sie zwingt sich zum Pragmatismus. "Das Leben muss eben neu organisiert werden", sagt sie, allein schon wegen ihrer Tochter, 15, und ihres Sohnes, 18. Aber kann es einen Anfang geben - ohne ein Ende?

Die Kripo hat bis heute keinen Hinweis darauf, was mit Carsten Göpner passierte. "Die Umstände seines Verschwindens sind wirklich sehr außergewöhnlich", sagt Polizeisprecher Michael Hille. Er kann aus eigenem Entschluss untergetaucht sein. Ein Suizid ist ebenfalls nicht ausgeschlossen, leider. Carsten Göpner war depressiv, sagt seine Frau.Er glaubte, er falle mit seiner Krankheit seiner Familie zur Last. "Eventuell wurde er auch Opfer eines Verbrechens", so die Polizei. Und: Es kann sogar sein, dass seine Krankheit Carsten Göpner vergessen ließ, wer er ist und dass er in Borna eine Familie hat.

"Möglicherweise steht er heute Abend auf einmal vor der Tür", sagt Heike Göpner. Sie starrt auf die gelbe Tischdecke in ihrer Küche. "Vielleicht sehe ich ihn aber auch niemals wieder." Möglicherweise, vielleicht - aber nie ganz gewiss. "Man kann damit nicht abschließen", bringt Heike Göpner hervor. "Man will es und man muss es. Aber es geht einfach nicht."

Hinweise nimmt die Kripo unter 03437/9300 entgegen.

Frank Döring

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