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Stuttgarter Zeitung: Interessante Details aus Mobilfunk-Mietverträgen

Quelle: Stuttgarter Zeitung, 29.11.2002

Mieter Vodafone hat alle seine Schäfchen im Trockenen
 
Wer dem Telekommunikationsriesen ein Plätzchen unterm Dach überlässt, wird ihn so rasch nicht wieder los
 
WAIBLINGEN. Unterschrieben ist unterschrieben. Der Vertrag zwischen den Beinsteiner Hausbesitzern und Vodafone, die unlängst eine Mobilfunkantenne auf deren Haus montiert haben, gilt - und zwar 15 Jahre lang.

Von Kathrin Wesely

Verboten sind Mietverträge mit einer derart langen Laufzeit nicht, aber unüblich. Die Familie Lenk, die den Vertrag im Juli vergangenen Jahres mit dem Telekommunikationsunternehmen unterzeichnete, würde am liebsten einen Rückzieher machen. Denn inzwischen hat sich erheblicher Widerstand im Flecken geregt. Im September ist gar eine Bürgerinitiative in Waiblingen-Beinstein gegründet worden, die sich gegen die Antenne auf dem Dach der Lenks richtet, und in der vergangenen Woche zogen rund 200 Beinsteiner vor das antennenbestückte Eigenheim im Ortskern, um ihren Unwillen kundzutun.

Aber so einfach kann die Familie aus dem Vertrag nicht aussteigen. Erst, wenn es "gesicherter Stand der Technik" ist, "dass durch die installierten Antennen eine Gesundheitsgefährdung für Personen besteht, wird MMO (Mannesmann Mobilfunk - wie das Unternehmen vor der Umfirmierung in Vodafone hieß) alle erforderlichen Schritte ergreifen, um eine Gefährdung auszuschließen. Gelingt ihr dies nicht, sind beide Parteien zur außerordentlichen Kündigung zum Monatsende berechtigt". Das kann dauern.

Umgekehrt ist es Vodafone möglich, jederzeit die Zelte in Beinstein abzubrechen. Der Mietvertrag kann von Seiten des Unternehmens gekündigt werden, wenn die Empfangslage plötzlich ungeeignet wird, etwa weil ein Hochhaus gebaut wird, das den Funkverkehr stört, wenn sich die Funkstation wirtschaftlich nicht rentiert, wenn behördliche Genehmigungen nicht erteilt werden, wenn die Antenne wegen veränderter Netzkonfiguration nicht mehr gebraucht wird.

Vodafone hat sich abgesichert: Der Vermieter haftet bei Ansprüchen Dritter - etwa, wenn Nachbarn und Anrainer plötzlich eine Minderung ihrer Immobilie wittern, wegen der Nähe zum Antennenmast. Oder wenn Mieter aus demselben Grund weniger Miete bezahlen wollen. Ein weiteres Problem sind mögliche Prozesskosten bei Klagen.

Damit nicht genug: Vodafone kann seine Funkstation "laufend dem jeweiligen Stand der Technik" anpassen Dabei ist schon die aktuelle Technik sehr umstritten, werden die Auswirkungen der Strahlen auf den menschlichen Körper doch noch immer erforscht. Vor diesem Hintergrund erscheint die lange Laufzeit des Mietvertrages Experten, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, als äußerst kritisch. Noch problematischer erscheint ihnen, dass Vodafone auch fortlaufend weiterrüsten darf - und damit der Erforschung der Wirkungen auf die Organismen stets eine Nase voraus ist.

Im europäischen Ausland haben die Telekommunikationsriesen nicht ganz so leichtes Spiel: Vor allem in Spanien war der Protest der Bevölkerung wirksam. Dort sind 10 000 Gerichtsverfahren gegen Mobilfunksender anhängig. Nicht selten entledigen sich Bürger der Antennen selbst.

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