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Ötisheim: Fluchtpläne wegen Mobilfunkstrahlung

Aus: Pforzheimer Zeitung, 19.12.2001

Mobilfunk-Antennen in Ötisheim: Genervte Bürger fordern Schadenersatz wegen Wertminderung ihrer Wohnhäuser

ÖTISHEIM. Es steht im Protokoll. Jeder Arztbesuch, jedes Telefongespräch mit Behörden.

Hermann Münchinger hat alles fein säuberlich aufgeschrieben. Er leidet unter Schlafstörungen, Kopfschmerzen und einem Brummen im Ohr. Das führt Münchinger auf drei Mobilfunk-Basis-Stationen zurück, die 20 Meter von seinem Haus an der Schönenberger Straße in Ötisheim stehen.

Anfang November war der Rentner beim Hals- Nasen- Ohrenarzt zur Routineuntersuchung ohne Befund. Zwei Wochen darauf setzten die Beschwerden ein. Münchinger suchte einen Neurologen auf, ließ den Amtsarzt kommen.

Anfangs hatte Münchinger Zweifel, ob die Gesundheitsschäden wirklich von den Basis-Stationen ausgehen. Doch als ihm in der vergangenen Woche nach mehrfacher Anfrage mitgeteilt wurde, wann die zweite Antenne in Betrieb genommen wurde, war er sich sicher. Anhand seiner Aufzeichnungen kann der Rentner feststellen, dass die Beschwerden um den 20. November eingesetzt haben. Das ist der Tag, an dem der Mast zu senden begann.

Bereits seit Februar steht auf dem Haus an der Schönenberger Straße eine Mobilfunk-Antenne. "Die hat mir nichts ausgemacht", sagt der Rentner. So ist es auch bei Anwohner Karl-Heinz Kaufmann. Der Beamte im Ruhestand hatte bis vor kurzem einen guten Schlaf, lebte friedlich mit seiner Frau im vor vier Jahren selbst gebauten Haus. Doch seit einigen Wochen wacht er in jeder Nacht gegen 2 Uhr auf. "An Einschlafen ist dann nicht mehr zu denken. Ich werde immer aggressiver", sagt Kaufmann. Streit mit der Ehefrau stehe auf der Tagesordnung und auch der Hund spürt, wie gereizt das Herrchen ist.

Carola Ott, ihr Garten grenzt an das Grundstück Kaufmanns, fürchtet um die Gesundheit ihrer Kinder: "Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die belegen, dass die Gefahr von Kopftumoren und Krebs mit den Mobilfunkstrahlen steigt." Mit dem Rauschen in den Ohren könne sie leben, Krebs in Kauf zu nehmen sei undenkbar, so die Anwohnerin. Ott bereitet ihre fünf Sprösslinge darauf vor, die Heimat zu verlassen. "Wir überlegen, unser Haus zu verkaufen. Aber das geht wohl nicht ohne einen ordentlichen Preisnachlass", sagt Ott.

Die Mobilfunkmasten stellen nach Ansicht der Anwohner eine Wertminderung für ihre Grundstücke dar. Deshalb formulieren einige von ihnen Schadensersatz-Forderungen, die sie per Einschreiben an Ingrid Girrbach senden. Die Inhaberin einer Metallwaren-Firma ist die Besitzerin des Hauses, auf dem die Antennen stehen. Profitgier werfen ihr die Nachbarn vor. "Das weise ich entschieden von mir", sagt Girrbach. Es sei schließlich nicht jeder profitgierig, der etwas vermiete. Über die gesundheitlichen Risiken habe sich die Firmenchefin zuvor informiert. "Ich habe bei etlichen staatlichen Stellen vorgesprochen, unter anderem auch beim Gesundheitsamt", so Girrbach. Sie habe die schriftliche Bestätigung, dass die Sendeanlagen unbedenklich seien, wenn man nicht direkt auf dem Dach stehe.

Girrbach: "Ich habe meiner Fürsorgepflicht mehr als genüge getan. In dieser Diskussion haben wir den sachlichen Boden leider schon längst verlassen. Da spielen viele Emotionen mit rein." Und außerdem: "Handies wollen alle, aber ohne Antennen funktionieren die nicht", so Girrbach. Auch die Anwohner, die jetzt über Schlafstörungen klagen, nutzen Mobiltelefone. Allerdings, so Kaufmann, könne man die im Gegensatz zu den Antennen abschalten. "Das Handy meiner Frau ist normalerweise aus und wird nur im Notfall genutzt", sagt Kaufmann. Auch Ott hat ein Mobiltelefon im Auto liegen. Ebenfalls ausgeschaltet, wie sie versichert.

Gestern waren auf dem Dach der Firma Girrbach erneut Techniker am Werk. Die dritte Antenne, die bisher noch abgeschaltet war, soll dieser Tage in Betrieb gehen. "Ich bin mal gespannt, was dann noch an Gesundheitsstörungen kommt", bangt Anwohnerin Ott.

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