Mehr zum Thema Mobilfunk und Gesundheit

Parteien zum Thema Elektrosmog und Gesundheit: 2. PDS

Knapp 3 Wochen vor der Wahl haben die Elektrosmognews die Parteien gefragt, welche Pläne und Konzepte die Parteien zur Problematik elektromagnetische Felder und Gesundheit für die nächste Legislaturperiode haben. 10 Fragen wurden übermittelt. Heute die Antworten der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), vertreten durch den parteilosen Bundestagsabgeordneten der PDS, Gerhard Jüttemann, Sprecher der PDS für Telekommunikation und Post.

Antworten der PDS zu unseren Fragen:

Frage 1. Was hat Ihre Partei in der abgelaufenen Legislaturperiode unternommen, um die Forschung auf dem Gebiet elektromagnetische Felder und Gesundheit voranzutreiben? Was hat sich für die Anwohner von Mobilfunk- und Rundfunk-/TV-Sendern sowie Nutzer von Handys und DECT-Telefonen durch Ihre Politik ganz konkret verbessert?

Antwort der PDS:

Im Deutschen Bundestag hat sich die PDS im Unterausschuss für Technikfolgenabschätzung beim Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung für die Erarbeitung einer Studie eingesetzt, welche die Auswirkungen von Mobilfunksendeanlagen und Handys auf die menschliche Gesundheit darlegt und uns Auskunft über den gegenwärtigen Forschungsstand gibt.

Die PDS-Fraktion hat am 12.10.2001 einen Antrag "Mobilfunkstrahlung minimieren - Vorsorge stärken" (BT-Drs. 14/7120) an den Deutschen Bundestag gestellt. Zum damaligen Zeitpunkt war die Aufstellung von Mobilfunksendeanlagen im ganzen Land in vollem Gange. Wir haben darauf hingewiesen, dass die 26. Bundesimmissionsschutzverordnung absolut unzureichend ist hinsichtlich der nichtthermischen Wirkungen elektromagnetischer Felder im Mobilfunkbereich und wegen des gänzlichen Verzichts auf das Vorsorgeprinzip.

Für biochemische und neurologische Wirkungen im menschlichen Körper gibt es eine Vielzahl von ernstzunehmenden Hinweisen in wissenschaftlichen Studien. Selbst die Telekom kommt in ihrer jüngsten Ausgabe "Mobilfunk und Gesundheit" von T-Mobile vom Juli 2002 nicht umhin, Ergebnisse zum beschleunigten Krebswachstum bei Mäusen, das mögliche Auftreten athermischer Effekte von elektromagnetischen Feldern, die biologische Wirksamkeit gepulster Felder unterhalb der von der ICNIPR empfohlenen Grenzwerte und eine Wirkung von GSM-Handys mit einer Sendeleistung von 2 Watt auf manche Herzschrittmacher (bei der Unterschreitung des Abstandes von Sendeantenne und Herzschrittmacher von 25 cm) anzuerkennen.

Beeinflussungen von Hirnaktivitäten des Menschen in verschiedenen Untersuchungen und indirekte Beeinflussungen des Wohlbefindens des Menschen durch Handynutzung muss die Telekom zur Kenntnis nehmen. Trotzdem hält dies die Telekom nicht davon ab, 50-70 Prozent der derzeitigen Mobilfunkanlagen mit UMTS auszurüsten und 40.000 neue Sendeanlagen an 10.000 - 15.000 neuen Standorten aufbauen zu wollen.

Die PDS meint, dass es noch einen erheblichen Forschungsbedarf gibt hinsichtlich der nichtthermischen Wirkungen elektromagnetischer Felder im Mobilfunkbereich im Hinblick auf die Entstehung von Krebserkrankungen als ein Faktor oder Auslöser, auf die Schwächung des Immunsystems, auf eine Schädigung der Erbsubstanz, hinsichtlich der Einflüsse auf das zentrale Nervensystem und auf die kognitiven Funktionen sowie auf die Veränderung der Hirnaktivität und der menschlichen Reaktionszeiten, die Beeinflussung des Hormonsystems, Schlafstörungen, die Öffnung der Blut-Hirn-Schranke für potenziell schädliche Stoffe, mögliche Konzentrationsprobleme, auf Müdigkeit und Kopfschmerzen.

Die Parlamentarier der SPD, Bündnis90/ Die Grünen, der FDP, der CDU und der CSU haben sich unserem Antrag im Bundestag nicht angeschlossen und ihn abgelehnt. Speziell der Staatssektretär im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung konnte in der Frage der Einführung angemessener Forschungen zum Zusammenhang zwischen Gesundheit und nichtthermischen Wirkungen elektromagnetischer Felder im Mobilfunkbereich keinen Handlungsbedarf entdecken.

Im erwähnten Antrag haben wir folgende Forderungen erhoben, die einen großen Teil Ihrer Fragen bereits beantworten:

1. Novellierung der 26. BimSchV, um die Immissionswerte unter Berücksichtigung der nichtthermischen Wirkungen sowie des Vorsorgeprinzips soweit abzusenken, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden können;

2. mit der ständigen Anpassung der Immissionswerte an das jeweils technisch Mögliche ein Minimierungsgebot elektromagnetischer Strahlung durchzusetzen;

3. ein immissionsschutzrechtliches öffentliches Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren für sämtliche Mobilfunksendeanlagen unter strikter Beteiligung Dritter einzuführen. Im Verlaufe des Verfahrens muss der Betreiber den Nachweis erbringen, dass die Grenz- und Vorsorgewerte eingehalten werden und der vorgesehene Standort auch unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes optimal ist, weil er die Belastungen für Bevölkerung und Umwelt minimiert;

4. sich für obligatorische baurechtliche Genehmigungsverfahren bei sämtlichen Mobilfunksendeanlagen unter strikter Beteiligung der Öffentlichkeit einzusetzen;

5. obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfungen für Mobilfunksendeanlagen einzuführen;

6. auf der Basis von regelmäßigen Kontrollmessungen ein allgemeines öffentlich zugängliches Strahlenkataster für die gesamte hochfrequente Strahlung einzurichten;

7. dafür Sorge zu tragen, dass Standortbescheinigungen für Mobilfunksendeanlagen befristet erteilt werden und ihre Wiedererteilung nur bei Einhaltung der jeweils geltenden aktuellen Grenzwerte erfolgt. Sämtliche bereits erteilte Standortbescheinigungen müssen dahingehend überprüft werden, ob sie den neu festgelegten Grenzwerten entsprechen;

8. sendeanlagenfreie Schutzzonen im angemessenen Umkreis um Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Altenheimen und reinen Wohngebieten durchzusetzen;

9. sich im Verhältnis zur gängigen Praxis für eine Umkehr der Beweislast analog zum Umwelthaftungsgesetz einzusetzen;

10. den Mobilfunkbetreibern eine umfassende Informationspflicht über die von ihnen zu verantwortenden Emissionen und Immissionen sowie die Netzplanung aufzuerlegen. All diese Informationen müssen für die Kommunen und die Bevölkerung kostenlos und rechtzeitig vor Errichtung der Sendeanlagen zugänglich gemacht werden;

11. für den Ausschluss gesundheitlicher Risiken Vorsorgegrenzwerte für die spezifische Absorptionsrate von Mobilfunktelefonen einzuführen;

12. zusätzliche wirksame Maßnahmen zur Begrenzung des Strahlenrisikos für Kinder und Jugendliche einzusetzen;

13. eine deutliche, auch für den Laien verständliche Kennzeichnungspflicht der Emissionen von Mobiltelefonen oder Schnurloshaustelefonen differenziert nach ein- und ausgeschaltetem Zustand einzuführen;

14. die Hersteller zu veranlassen, Schnurlostelefone so zu konstruieren, dass die Funkübertragung zwischen Basisstation und Mobilteilen vom Nutzer wahlweise unterbrochen werden kann;

15. drei Prozent der laufenden Forschungsmittel im Bundeshaushaltsplan, Einzelplan 30, Kapitel 3006, Titelgruppe 31 „Ausgewählte Bereiche der Informationstechnik“ für Technikfolgenabschätzung und alternative Forschung zur Untersuchung möglicher Gesundheitsgefahren und Gesundheitsvorsorge infolge der (Weiter-) Entwicklung der Mobilkommunikation, insbesondere Mobilfunktechnologie einzustellen und zur Begleitung dieser so genannten Risikoforschung einen interdisziplinär besetzten und unabhängigen Forschungsrat zu bilden;

16. sich dafür einzusetzen, dass im 6. Forschungsrahmenprogramm der EU Mittel zur Risikoforschung und Technikfolgenabschätzung für die Erforschung von möglichen Zusammenhängen von Technologien der Mobilkommunikation und Gesundheitsgefahren, zu Vorsorgeverfahren und Regulierungsinstrumenten der öffentlichen Hand eingestellt werden.

17. vor der Markteinführung neuer schnurloser Systeme (z.B. Bluetooth) eine generelle Testung der biologischen Verträglichkeit zu gewährleisten;

18. eine Studie in Auftrag zu geben, mit der die bisher durch Mobilfunkemissionen verursachten sowie die dementsprechend in Zukunft zu erwartenden Kosten im Gesundheitsbereich abgeschätzt werden.

Frage 2. Welche Pläne haben Sie diesbezüglich für die kommende Legislaturperiode?

Antwort der PDS:

In der kommenden Legislaturperiode wollen wir uns näher mit dem Stand von Wissenschaft und Technik in der Frage der Vorsorge vor den nichtthermischen Wirkungen elektromagnetischer Felder im Mobilfunkbereich befassen. Dazu wollen wir eine Kleine Anfrage stellen, um uns einen aktuellen Überblick über die laufenden Forschungsprojekte beim Bundeswirtschaftsministerium, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Bundesumweltministerium zu verschaffen. Die Ergebnisse wollen wir öffentlich machen und im Zusammengehen mit den Initiativen gegen Elektrosmog und für den Schutz vor den nichtthermischen Wirkungen elektromagnetischer Felder im Mobilfunkbereich einen Antrag erarbeiten. Das erscheint uns besonders erforderlich wegen der konzentrierten Anstrengungen der Bundesregierung und der Industrie, die UMTS-Technologie voranzutreiben.

Frage 3. Wird Ihre Partei die unserer Ansicht nach dringend erforderlichen epidemiologischen Studien bei Anwohnern von Mobilfunksendern sowie Nutztieren unterstützen, verbunden mit Messungen der Strahlenbelastung?

Antwort der PDS:

Ja, siehe Frage 1, Punkte 1 und 3.

Frage 4. Dr. Anne Dehos vom Bundesamt für Strahlenschutz hat erklärt, die derzeitigen Grenzwerte trügen dem Vorsorgegedanken in keiner Weise Rechnung. Zahlreiche Studien haben unterdessen in jüngster Zeit biologische Effekte weit unterhalb der gültigen Grenzwerte nachgewiesen, viele kritische Wissenschaftler und Organisationen fordern deshalb eine massive Senkung der Grenzwerte und eine Verbesserung der Antennentechnologie. Was wird Ihre Partei konkret tun, um dem Vorsorgegedanken in akzeptabler Weise Rechnung zu tragen?

Antwort der PDS:

Die PDS fordert u.a. von der Bundesregierung: mit der ständigen Anpassung der Immissionswerte an das jeweils technisch Mögliche ein Minimierungsgebot elektromagnetischer Strahlung durchzusetzen; ein Planfeststellungsverfahren für sämtliche Mobilfunksendeanlagen unter Beteiligung der Öffentlichkeit institutionell festzuschreiben; sendeanlagenfreie Schutzzonen im Umkreis von Krankenhäusern, Schulen und reinen Wohngebieten einzurichten; zusätzliche wirksame Maßnahmen zur Begrenzung des Strahlenrisikos für Kinder und Jugendliche zu veranlassen (BT-Drs. 14/7120, Faltblatt "Mobilfunk").

Frage 5. Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König (Homepage des BfS sowie Zeitungsinterviews), und die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation, Gro Harlem Brundtlandt (Reuters 29.08.2002), haben wiederholt vor der Benutzung von Handys durch Kinder gewarnt. Leider ist die breite Veröffentlichung dieser Warnungen bisher unterblieben. Was wird Ihre Partei tun, um diese Warnungen der breiten Öffentlichkeit zukommen zu lassen und Eltern damit Einflussmöglichkeiten auf ihre Kinder zu geben?

Antwort der PDS:

Siehe Frage 1, Punkte 12 und 13. Darüber hinaus transportieren unsere kinderpolitische Sprecherin, MdB Rosel Neuhäuser, und unsere umweltpolitische Sprecherin, MdB Eva Bulling-Schröter, die Warnung vor der Handybenutzung durch Kinder an die Öffentlichkeit. Wir wollen unsere Positionen dazu in unsere kinder- und familienpolitischen Vorstellungen aufnehmen.

Frage 6. Wie gewährleistet Ihre Partei bei der Vergabe notwendiger Studien die Unabhängigkeit der Wissenschaftler, den Ausschluß von Industrie-Lobbyismus und die Einbeziehung kritischer Experten?

Antwort der PDS:

Die PDS ist keine Regierungspartei im Bund. Ihre Stimme hat nur wenig Gewicht bei bundespolitischen Weichenstellungen. Daher kann die PDS die Vergabe notwendiger Studien ausschließlich im Unterausschuss für Technikfolgenabschätzung mit beeinflussen. Für die Aufbringung von Fördermitteln im Bundeshaushalt und ihre Integration in die entsprechenden Haushaltstitel können wir mit Hilfe von Anträgen im Haushaltsausschuss und im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Vorschläge unterbreiten. Diese Vorschläge werden allerdings nur dann politisch wirksam, wenn auch die anderen Parteien des Deutschen Bundestages ihnen zustimmen.

Einen Einfluss auf die Vergabe notwendiger Studien an unabhängige Wissenschaftler und kritische Experten haben wir nicht. Allerdings können wir darauf hinwirken, dass solche WissenschaftlerInnen und ExpertInnen zu entsprechenden Anhörungen von Ausschüssen des Deutschen Bundestages eingeladen werden.

Eine unserer Positionen in der Forschungspolitik ist es, dass alternative Forschungen und kritische ExpertInnen sowie eine flankierende Technikfolgenabschätzung (in wesentlich größerem Umfang als bisher) gefördert werden müssen.

Frage 7. Welche Instrumentarien plant Ihre Partei, um demokratische Mitspracherechte von Anwohnern und Kommunen bei der Installation neuer Sendeanlagen sowie für Standortverlegungen einzuführen?

Antwort der PDS:

Siehe Frage 1, Punkt 4.

Frage 8. Was kann Ihre Partei tun, um Handy- und DECT-Nutzer beim Kauf von Geräten sowie fortlaufend über Gesundheitsrisiken zu informieren?

Antwort der PDS:

Die PDS hält den Gesundheitsschutz der Bevölkerung für ein vorrangiges Ziel, wirtschaftliche Interessen müssen dahinter zurückstehen. Von diesem Ansatzpunkt her kritisiert die PDS die flächendeckende Einführung des Mobilfunks, ohne vorher eine ausreichende oder auch nur nennenswerte Forschung zu den gesundheitlichen Folgen betrieben zu haben.

Hier ist eine öffentliche Informationspolitik der Partei mit Flugblättern und Faltblättern in der Öffentlichkeit möglich sowie eine Verbreitung vor allem in den Kommunen, in denen die PDS BürgermeisterInnen stellt oder auch in den Bundesländern, in denen sie Koalitionen in Landesregierungen eingegangen ist. Sie können unsere Positionen zum Thema im Bundestags-Internet der PDS unter dem Stichwort "Mobilfunk" bzw. unter Publikationen (Faltblätter) finden.

Frage 9. Wird Ihre Partei die Senkung der Grenzwerte für Hochfrequenzanlagen (Mobilfunksender, Rundfunk- und TV-Sender) sowie für Niederfrequenzanlagen (Hochspannungsleitungen, Trafostationen, Hausinstallationen) fordern, wenn ja, in welchem konkreten Umfang?

Antwort der PDS:

Ja, siehe Frage 1, Punkte 1-3, 4, 6-11.

Zu konkreten Umfängen der von Ihnen einzeln aufgeführten Hoch- und Niederfrequenzanlagen haben wir uns bisher noch nicht konkret verständigt. Dies werden wir unverzüglich tun, wenn konkrete Forschungsergebnisse zu den Zusammenhängen der gesundheitlichen Beeinflussung durch die entsprechenden Anlagen vorliegen.

Frage 10. Unterstützt Ihre Partei die Einführung rechtsverbindlicher Vorsorgewerte für Handys, schnurlose DECT-Telefone, W-Lan-Sender, Bluetooth usw. und zwar in Höhe von Werten, bei denen negative biologische Effekte auf Zellebene beobachtet wurden?

Antwort der PDS:

Wenn die negativen biologischen Effekte auf der Zellebene mit Doppelblindstudien an Forschungseinrichtungen und -instituten nachgewiesen wurden, werden rechtsverbindliche Vorsorgewerte unterstützt. Hierzu ist es natürlich erforderlich, dass die entsprechenden Forschungsbedarfe exakter ermittelt und entsprechende Forschungen in der Bundesrepublik Deutschland erst in Gang gesetzt werden.

Link zur Mobilfunk-Position der PDS:

http://www.pds-im-bundestag.de/themen/gesu/mobilfunk/index.php

Homepage der PDS: http://www.pds-online.de/

Mobilfunk-Flyer der PDS: http://www.pds-im-bundestag.de/files/publikationen/mobilf.pdf

Wahlkampf-Seite der PDS: http://www.pds2002.de/

Mehr zum Thema Mobilfunk und Gesundheit