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Waiblingen: T-Mobile "unflexibel"

Quelle: Rems-Murr-Nachrichten/Waiblinger Kreiszeitung, 12.2.2003

Mobilfunk-Demo: Techniker zogen wieder ab

Hausbesitzer aus der Wasserstubensiedlung will sich aus Mietvertrag für Antenne zurückziehen/T-Mobile: „Wir brauchen diesen Standort“

Waiblinger Kreiszeitung Stadt Waiblingen
12.02.2003

Von unserem Redaktionsmitglied Andreas Kölbl

Waiblingen. Eine im Rekordtempo organisierte Klein-Demo machte es möglich: Ein Hausbesitzer aus der Wasserstubensiedlung erklärte gestern spontan seinen Rückzug aus dem Vertrag für eine Mobilfunkantenne auf seinem Dach. Und die Techniker, die gekommen waren, um Maß zu nehmen, zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Ob die Antenne damit verhindert ist, bleibt fraglich.

Der Titel der schnellsten Mobilfunk-Initiative der Stadt ist den Demo-Teilnehmern aus der Wasserstubensiedlung auf alle Fälle sicher. Kurz nach 13 Uhr rücken Techniker von T-Mobile zur „bautechnischen Begehung“ an. Doch auf der Straße vor dem Haus tummeln sich schon um die 50 Erwachsene und Kinder. Zunächst diskutieren die Grüppchen bloß untereinander hier die Antennengegner, dort die Techniker und der Hausbesitzer.

„Es ist überall das Gleiche“, schimpft eine junge Frau. „Still und heimlich werden Antennen montiert, und als Nachbar bekommt man nichts mit davon.“ Was die Protestierenden besonders ärgert: Wie schon im Fall Beinstein befinden sich Kindergarten und Schule unweit des Antennenstandorts. „Können die ihre Masten nicht draußen auf dem Feld bauen? Aber das ist natürlich teurer.“

Als die Nachbarn Ende vergangener Woche Wind gekriegt hatten vom Plan der Betreiberfirma T-Mobile, im Zacherweg auf einem Privathaus eine etwa zweieinhalb Meter hohe Antenne aufzubauen, hatten sie ihren Protest per Mund-zu-Mund-Propaganda und im Expresstempo organisiert. 150 Gleichgesinnte haben laut Initiatorinnen Claudia Salzer, Anne Schlaich und Manuela Frey einen Brief an die Stadt unterschrieben mit der Forderung, die Antenne zu verhindern.

Ein paar Schritt weiter beraten sich die Techniker und Eigentümer Roland Blind. Und sind sich schnell einig: „Unter diesen Umständen müssen wir es sein lassen.“ Devise: „Wir wollen bloß nicht, dass das hier eskaliert.“ Montieren wollten sie zwar sowieso nicht gleich. Aber Maßnehmen und das Dach anschauen, um einen Plan fürs Baugesuch anfertigen zu können, das T-Mobile vor der Installation bei der Stadt einreichen und genehmigen lassen muss.

Für ein paar Minuten entspinnt sich doch noch ein angeregtes Streitgespräch zwischen Technikern und Demonstranten. „Es ist doch gar nicht gesichert, dass die Strahlung ungefährlich ist“, protestiert ein älterer Mann. „Sie können doch die Beweislast nicht einfach umkehren!“ Die T-Mobile-Vertreter verweisen auf Gutachten, die der UMTS-Technik Ungefährlichkeit bescheinigen und auf die Verpflichtung der Betreiber, ein funktionierndes Netz aufzubauen. Letzten Endes bleibt die Debatte müßig. Zumal sich die Einsicht breit macht: Die Anwesenden sind keine Entscheidungsträger, machen bloß ihren Job.

Hausbesitzer Roland Blind, der in der Siedlung aufgewachsen ist, aber nicht mehr dort wohnt, macht der Mini-Demo schließlich ein Ende. Unter Applaus teilt er den Nachbarn seinen Entschluss mit: „Ich werde meine Einwilligung für die Antenne zurückziehen.“ Eins macht er aber zur Bedingung: „Ihr stärkt mir den Rücken, wenn’s Schwierigkeiten gibt.“ Das sichern ihm die alten Bekannten zu: „Roland, die Wasserstube steht hinter dir.“ Der Widerstand der Bewohner habe ihn doch ziemlich überrascht, meint Blind. Wenn er das vorher gewusst hätte, dann hätte er gar nicht erst eingewilligt. „Ich will doch meine alte Nachbarn nicht vergraulen.“

Netzbetreiber: „Wir sind nicht so flexibel“

Die von Eigentümer Roland Blind befürchteten „Schwierigkeiten“ könnte es durchaus geben. Das bestätigt Rudolf Teichelmann, Leiter des technischen Bereichs bei T-Mobile Baden-Württemberg: „Wir brauchen diesen Standort. Wir sind nicht so flexibel, dass wir eine Antenne einfach um 500 Meter verschieben können.“ Ein funktionierendes Netz erfordere einheitliche Abstände zwischen den Sendemasten. Privatrechtliche Mietverträge wie der mit Blind seien in der Regel auf acht bis zehn Jahre angelegt. So mancher Vertragspartner habe sich nachträglich zurückziehen wollen, sagt Teichelmann. „Aber meistens setzen sich die Betreiberfirmen durch.“ Wenn Blind seinen Rückzieher wahr mache, dann gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder ein neuer Standort werde gefunden, oder die Antenne werde wie geplant auf dem Blindschen Dach montiert. „Das Letztere ist wahrscheinlicher.“

12.02.2003
© ZVW-Online

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